Aus der Klimaschutzdebatte ist vielen Menschen der Erdüberlastungstag (‚Earth Overshoot Day‘) geläufig, der den Tag des laufenden Kalenderjahres bezeichnet, an dem die menschliche Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen das Angebot und die Kapazität der Erde zur Reproduktion dieser Ressourcen in diesem Jahr übersteigt. Dieser lag beispielsweise im Jahr 2000 noch am 23. September, hat sich im Verlauf der Jahre immer weiter vorverlagert und fiel 2023 auf den 2. August. Weniger bekannt ist der Öffentlichkeit der 15. November als ‚Zero Pay Day‘ bei den Vertragsärztinnen und -ärzten. Ab diesem Tag bekommen die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte statistisch betrachtet letztlich kein Geld mehr für die meisten Behandlungen gesetzlich krankenversicherter Patientinnen und Patienten. Das Datum stellt einen Durchschnittswert dar. Wann genau die Budgets exakt erschöpft sind, hängt von Standort und Fachrichtung ab.
Dieses Jahr haben Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und verschiedene Berufsverbände erstmals auf den Zero Pay Day aufmerksam gemacht: „Respekt und Hochachtung vor den Kolleginnen und Kollegen! Obwohl im Schnitt jede zehnte ärztliche Leistung nicht bezahlt wird, sind die Niedergelassenen und ihre Teams tagtäglich mit viel Herzblut für die Menschen in diesem Land da und leisten Unermessliches“, sagte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen. „Wenn die Praxen das täten, was die Politik per Gesetz vorgibt, dann müssten zehn Prozent an Untersuchungen und Behandlungen entfallen. In der Konsequenz müssten wir Kolleginnen und Kollegen raten, ihre Leistungen gesetzeskonform einzuschränken.“
KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister wies darauf hin, dass die Situation der ambulanten Versorgung kritisch sei. „Die Praxen versorgen 578 Millionen Fälle im Jahr. Dabei leidet der ambulante Bereich an chronischer Unterfinanzierung“, so der KBV-Vize. „Das wird nicht mehr lange gut gehen. Die Politik scheint auf dem ambulanten Auge blind zu sein. Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht schnell verbessern, droht der Praxenkollaps.“ Es sei an der Zeit, mit einer tragfähigen Finanzierung die faktischen Minusrunden der Praxen zu beenden. „Angesichts solcher schlechten Rahmenbedingungen wundert es nicht, wenn junge Kolleginnen und Kollegen sehr genau überlegen, ob sie sich niederlassen oder am Ende vielleicht gar nicht in der Versorgung arbeiten wollen“, betonte auch das KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner. So könne es nicht weitergehen. Steiner: „Nicht nur, dass die Praxen der Niedergelassenen finanziell unzureichend ausgestattet werden – sie ersticken in Bürokratie und werden mit nicht ausgereiften Digitalisierungspflichten in ihrer täglichen Arbeit gelähmt.“
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