Praxisinhabern ohne Ehevertrag kann eine Trennung vom Partner teuer zu stehen kommen. Soweit die Praxis in den Zugewinn fließt, drohen finanzielle Probleme.

    Um im Fall einer Beendigung der Ehe ein finanzielles Desaster zu vermeiden, sollten freiberufliche Ärzt:innen vor der Hochzeit an den Abschluss eines Ehevertrages denken. Dieses mag zwar nicht sonderlich romantisch klingen, jedoch hilft eine solche Vereinbarung dabei, dass die Arztpraxis im Falle einer Scheidung nicht oder zumindest nicht vollständig in den Zugewinn fließt. Ein solcher Umstand ist nicht unwahrscheinlich. Gemäß dem statistischen Bundesamt wurden im Jahr 2022 137.400 Ehen und damit 35% der geschlossenen ehelichen Verbindungen geschieden.

    Ohne eine Regelung sieht der Gesetzgeber vor, dass Eheleute grundsätzlich im sogenannten Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Dabei verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbst, im Fall der Eheschließung verschmilzt es also nicht automatisch mit dem Vermögen des anderen Ehegatten. Erst mit der Scheidung wird das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen im Rahmen des Zugewinnausgleichs aufgeteilt. In diesem Fall erhält derjenige, der weniger erwirtschaftet hat, die Hälfte dessen, was der andere mehr aufgebaut hat. Für Ärzt:innen bedeutet dieses, dass der Wert der Praxis in den Zugewinn einließt und sie die Hälfte an den geschiedenen Ehegatten auszahlen müssen, soweit dieses nicht zuvor vertraglich ausgeschlossen wurde.

    Der Zugewinn fließt in Form einer Geldzahlung, die Praxis wird insoweit nicht an den Ehepartner übertragen. Der Arzt/die Ärztin bleibt somit auch nach der Scheidung weiter Inhaber/in. Ohne einen notariell beurkundeten Ehevertrag kann eine Trennung für Praxisinhaber:innen richtig teuer werden und auch Jahre dauern. Die Auseinandersetzungen um den Praxiswert treiben die Verfahrenskosten in die Höhe und sind zudem emotional für beide Parteien äußerst anstrengend. Insoweit verwundert es, dass die wenigsten Ärzt:innen mit eigener Praxis über einen Ehevertrag verfügen.

    Wenn eine solche Vereinbarung nicht getroffen wurde, wird das Familiengericht zunächst einmal einen Überblick über das Vermögen beider Ehepartner erstellen. Dafür sind zwei Stichtage entscheidend: Zum einen wird geprüft, was jeder Einzelne am Tag der standesamtlichen Hochzeit in die Ehe eingebracht hat (sowohl Aktiv- als auch Passivposten). Alles muss dabei mit den entsprechenden Unterlagen belegt werden. Zum Anfangsvermögen gehört hier auch das, was einem Partner geschenkt wurde oder er zwischenzeitlich geerbt hat. Zum anderen ist das zweite wichtige Datum der Tag, an dem der Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten gerichtlich zugestellt wird (Rechtshängigkeit der Scheidung). Was zwischen diesen beiden Tagen von beiden Partnern erwirtschaftet wurde, gehört in den Zugewinn. Arztpraxen sind ebenso wie gemeinsam angeschaffte Immobilien ein Vermögenswert.

    Betrachtet wird mit Blick auf die Praxis nur das erwirtschaftete Vermögen. Im Anschluss daran erzielte Gewinne – also das Einkommen der Ärzte – müssen insoweit nicht güterrechtlich ausgeglichen werden. Diese werden jedoch bei laufenden Unterhaltszahlungsverpflichtungen für Kinder und Ehegatten berücksichtigt.

    Wenn es um die Bewertung der Praxen geht, gibt es unterschiedliche Methoden. Hierbei hat sich nach der Rechtsprechung die modifizierte Ertragswertmethode durchgesetzt (Urteile des BGH vom 02.02.2011 – XII ZR 185/08 und vom 09.02.2011 – XII ZR 40/09). Dabei betrachtet der Gutachter zunächst den Substanzwert, der aus Sachwerten wie Immobilien und Grundstücken, medizinischen Geräten und Einrichtungsgegenständen besteht.

    Weiterhin gilt es, den ideellen Wert einer Arztpraxis zu ermitteln, den sogenannten Goodwill. Zugrunde gelegt werden dafür die durchschnittlichen Umsätze der letzten drei Jahre abzüglich eines angemessenen Unternehmerlohns, dieser orientiert sich am Bruttogehalt eines gleichwertig erfahrenen angestellten Facharztes im Krankenhaus. Außerdem fließen in die Berechnung die Kosten ein, die die Niedergelassenen als Arbeitgeber hatten. Die Praxis wird also so bewertet, als würde sie ein anderer Arzt übernehmen und künftig damit wirtschaften. Hierbei spielt es keine Rolle, ob sich für den ermittelten Verkehrswert tatsächlich ein Nachfolger finden lässt.

    Kompliziert wird es dann, wenn Aspekte eine Rolle spielen, die mit der Person des Arztes/der Ärztin zusammenhängen: Welches Ansehen hat der Praxisinhaber/die Praxisinhaberin im Laufe der Zeit erworben? Wie es ist es um sein/ihr medizinisches Knowhow und sein/ihr unternehmerisch Geschick bestellt? Welche besonderen Qualifikationen hat diese/r und wie wirkt sich dieses auf die Umsätze aus? Und nicht zuletzt haben sowohl die Struktur des Patientenstamms und des Mitarbeiterteams als auch die Konkurrenzsituation am Standort Einfluss auf die Bemessung des Verkehrswertes.

    Diese immateriellen Faktoren können den Wert der Praxis deutlich steigern und somit auch die Summe des Zugewinns erhöhen. Um die finanziellen Mittel dafür aufzubringen, müssen Ärzt:innen im schlimmsten Fall ihre Praxis veräußern. Und dieses sogar relativ schnell, denn die Zahlung an den/die Ex wird bei Rechtskraft der Scheidung sofort fällig. Ohne Ehevertrag kann insoweit die Scheidung die Existenz eines Mediziners/einer Medizinerin gefährden.

    Bei Berufsausübungsgemeinschaften und MVZ wird im Prinzip genauso verfahren. Hier geht es aber um die jeweiligen Geschäftsanteile der/des freiberuflich tätigen Ärztin/Arztes, die in die Berechnung des Zugewinns einfließen. Um den Wert dieser Anteile zu bemessen, kommen in der Regel Sachverständige zum Einsatz.

    Viele Gesellschaftsverträge beinhalten Vertragsklauseln, die die Gesellschafter zum Abschluss eines Ehevertrages verpflichten. Auch hier gilt: Wurde durch den/die Gesellschafter/in jedoch keine entsprechende Vereinbarung geschlossen, zählt sein/ihr Unternehmensanteil zum Zugewinn.

    Aber auch ohne Ehevertrag haben gentrennte Paare die Möglichkeit, sich außergerichtlich zu einigen. In diesem Fall wird eine sogenannte Scheidungsfolgevereinbarung geschlossen, sozusagen ein verspäteter Ehevertrag. Dieses ist zu jedem Zeitpunkt während der Ehe möglich, selbst noch im ersten Jahr nach der Trennung. In diesem Vertrag kann festgelegt werden, dass die Praxis beim Zugewinn komplett außen vor bleibt. Hierzu wird der Ehepartner in der Regel einen entsprechenden Ausgleich verlangen. Ebenso wie im Ehevertrag können hier aber auch individuelle Lösungen gefunden werden. So kann der Zugewinn beispielsweise auf bestimmte Sachwerte beschränkt werden oder die Parteien vereinbaren einen maximalen Ausgleichsbetrag oder eine Zahlungs-Stundung.

    Kontakt: Jörg Hohmann

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