Der Mitte Dezember 2022 veröffentlichte Beschluss des Bewertungsausschusses zur Weiterentwicklung des ambulanten Operierens in der vertragsärztlichen Versorgung hat u. a. zur Folge, dass ambulante Mandel- und Mittelohroperationen bei Kindern künftig schlechter von den Krankenkassen bezahlt werden. Seit Jahresbeginn warnt der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte daher vor den Folgen der Unterfinanzierung von Kinderoperationen und fordert eine umgehende Neubewertung insbesondere von Eingriffen wie Adenotomien, die Einlage von Paukenröhrchen oder Tonsillotomien. Eine Onlineumfrage unter Verbandsmitgliedern ergab, dass 85 Prozent von ihnen den Protest unterstützen und die betreffenden Operationen – wie vom Verband vorgeschlagen – vorerst nicht mehr anbieten wollen.

    Die Reaktionen auf den nachvollziehbaren Widerstand der HNO-ärztlichen Operateurinnen und Operateure sind auch aus Sicht des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) eine Zumutung. So kritisierte Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach die Aktion des HNO-Verbands gegenüber der Presse mit den Worten „Kinder leiden zu lassen, um höhere Honorare zu erpressen, ist unethisch und inakzeptabel.“ Auch der Vorsitzendes des Verbands der Ersatzkassen, Uwe Klemens, warf dem Verband vor, „Kinder in Geiselhaft zu nehmen“ und bezeichnete den Vorwurf, die Kassen hätten bei den ambulanten Operationen die Vergütung gekürzt, sogar als „dummes Zeug“. Dabei hatte der HNO-Verband genau vorgerechnet, dass mit den aktuellen Preisen eine qualitativ hochwertige Versorgung schlicht nicht möglich ist: „Für knapp 107 Euro für einen sogenannten N1-Eingriff, wie die Entfernung der Rachenmandel bei Kindern, kann kein OP-Zentrum die laufenden Kosten stemmen. Von der Summe müssen die OP-Miete (40 Euro), die Sterilisation der Instrumente (25 Euro), die OP-Assistenz (15 Euro) sowie weitere Posten, wie die Instrumentenanschaffung, die Wartung der OP-Technik, die Haftpflichtversicherung sowie die Rufbereitschaft des Arztes nach einem Eingriff, bezahlt werden“, heißt es in einer Pressemitteilung des HNO-Verbands.

    Der BNC zeigt sich deshalb solidarisch: „Wir stehen an der Seite der HNO-ärztlichen Kolleginnen und Kollegen“, betont der BNC-Vorsitzende Jan Henniger, „mit der Abwertung einzelner ambulanter Operationen wächst die Gefahr, dass immer mehr vertragsärztliche Praxen sich aus dem ambulanten Operieren zurückziehen. Es kann schließlich niemand dazu gezwungen werden, sich in den wirtschaftlichen Ruin zu operieren!“ Der BNC weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass die ambulant operierenden Vertragsärztinnen und -ärzte trotz steigender Energie- und Praxiskosten sowie stetig verschärfter Hygieneanforderungen von der Politik bislang nicht mit Ausgleichszahlungen oder anderweitiger Unterstützung bedacht wurden. „Der ambulante Sektor trägt nicht erst seit der Corona-Pandemie die Hauptlast der Patientenversorgung – und es ist unethisch, ihn hierfür nicht finanziell auskömmlich auszustatten!“, kritisierte Henniger.

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