Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte hat die Krankenkassen aufgefordert, über eine Lösung des Finanzierungsproblems bei ambulanten HNO-Kinderoperationen zu verhandeln. „Bis heute sehen wir keine konstruktiven Ansätze, wie den Kindern geholfen werden kann. Gleichzeitig steigen die Wartezeiten auf einen OP-Termin bundesweit immer weiter an. So kann es nicht weitergehen“, appelliert Prof. Dr. Jan Löhler, der selbst mit einer HNO-Praxis in Bad Bramstedt niedergelassen ist. Die Versorgungsdaten aus den Bundesländern zeigen, dass bereits rund die Hälfte der Operateure keine Mandel- und Mittelohroperationen mehr anbieten. „Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, bricht in den nächsten Jahren auch noch die andere Hälfte der operierenden Ärztinnen und Ärzte weg. Das würde zu grotesk langen Wartezeiten führen und die Kinderversorgung in Deutschland empfindlich zurückwerfen“, warnte er.
Seit dem Start des Protestes der ambulant operierenden HNO-Ärztinnen und -Ärzte im Januar dieses Jahres, mit dem sich auch der BNC öffentlich solidarisiert hatte, habe sich in der Sache kaum etwas getan. Lediglich in Bremen habe man mit der AOK Bremen/Bremerhaven eine gesonderte Honorarvereinbarung zu Mandel- und Mittelohroperationen schließen können. „Die etwas höhere Vergütung für die Kolleginnen und Kollegen in Bremen und Bremerhaven ist ein Schritt in die richtige Richtung“, erklärte Prof. Löhler. Die Krankenkasse habe erkannt, dass man die Operateure nicht mit Beleidigungen und Drohungen an den OP-Tisch zwingen könne. „Es liegt auf der Hand, dass man für etwas mehr als 100 Euro kein Kind vernünftig operieren kann. Wenn in Zeiten der rasanten Kostensteigerungen die Bezahlung sogar noch gekürzt wird, kann es niemanden verwundern, dass immer weniger HNO-Ärzte diese wichtigen Operationen für Kinder anbieten können.“
Er empfehle den Mitgliedern des Berufsverbandes daher, die Aktion fortzusetzen, um endlich eine Besserung für die Kinder zu erreichen, so Löhler weiter. „Uns geht es darum, die Kinderversorgung zu erhalten – nicht den Kindern zu schaden, wie es den HNO-Ärzten immer wieder vorgeworfen wird.“ Es helfe keinem Kind und keiner Familie, wenn die Krankenkassen immer wieder die Einkommenssituation von HNO-Ärztinnen und -Ärzten verzerrt darstellten. „Kein HNO-Arzt verdient 200.000 Euro im Jahr, wie suggeriert wird. Es handelt sich bei der Summe um eine rechnerische Größe des Statistischen Bundesamtes – und zwar pro Praxis mit oft mehreren Ärzten und nicht pro Kopf sowie als Durchschnittswert über alle Fachgruppen hinweg“, betonte Prof. Löhler. Von der Summe würden die Einkommenssteuer, alle Versicherungsleistungen sowie die Altersvorsorge abgezogen. Herausgerechnet werden müssten außerdem die Investitionen in die Praxis sowie die Rückzahlung für Praxiskredite. „Nicht zuletzt sind dabei auch die Einnahmen aus der Privaten Krankenversicherung einberechnet, was die Krankenkassen gern verschweigen.“
Anders als von den Krankenkassen behauptet, zählten HNO-Ärztinnen und -Ärzte eben nicht zu den Gewinnern der letzten Honorarreform beim ambulanten Operieren. Die rechnerische Steigerung um wenige Prozentpunkte gehe im Wesentlichen auf die Anhebung einer bestimmten Zuschlagsziffer bei Nasenoperationen zurück. „Das hilft jedoch nicht den Kinderoperateuren, die sich häufig auf Mandel- und Mittelohroperationen spezialisiert haben. Ich würde mir hier mehr Ehrlichkeit in der Diskussion wünschen“, forderte Prof. Löhler. Im übrigen schwele der Konflikt bei den HNO-Kinderoperationen bereits seit Jahren: „Es geht nicht um den geringen Betrag, der Anfang des Jahres gekürzt worden ist. Es geht um eine systematische Unterfinanzierung eines Versorgungszweigs, der nicht weiter ignoriert werden darf.“ Die Onlinepetition ‚Appell an Politiker und Krankenkassen: Erhalten Sie die ambulante HNO-Kinderchirurgie!‘ des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte sowie der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie hat bereits über 60.000 Unterschriften erzielt und kann unter https://chng.it/mm5RXHHK mitgezeichnet werden.
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