Urteile des BGH vom 06.10.2022 – VII ZR 895/21 und Kammergericht Berlin vom 04.05.2023 – 4 W 6/23; 5 W 6/23

    Mails sind in der Geschäftswelt unverzichtbar. Doch ab wann gilt eine E-Mail als „zugestellt“? Wenn beispielsweise das Finanzamt wichtige E-Mail schickt, in welcher Zeit muss ins Postfach geschaut werden? Ab wann läuft die Antwortfrist?

    Auch für den steuerlichen Austausch mit den Finanzbehörden können Absichten, Zusagen oder Absagen in einer E-Mail versendet werden. Mit dem Senden wird eine Willenserklärung abgegeben, die entsprechende Konsequenzen auslösen kann. Beim Finanzamt besteht nach dem Versenden der Elster-Erklärung noch eine Korrekturmöglichkeit mittels Berichtigung oder Einspruch, nach dem Eintreffen einer E-Mail indes nicht mehr.

    Eine schriftliche Erklärung ist stets dann wirksam, wenn sie beim anderen Vertragspartner eingetroffen ist. Dieses gilt nun auch für E-Mails. Der BGH hat hierzu entschieden, dass eine E-Mail im geschäftlichen Verkehr als zugestellt gilt, sobald sie auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit ist. Das bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob der Empfänger die E-Mail tatsächlich schon gelesen hat. Diese Entscheidung kann Auswirkungen auf Fristen, Vertragsabschlüsse und auch weitere geschäftliche Transaktionen haben:

    Beispiel 1: Soweit ein Angebot für ein Sonographiegerät oder ein Steri eintrifft, dieses nach Kenntnisnahme durch den Praxisinhaber per E-Mail bestätigt wird, Stunden später jedoch die Erkenntnis reift, dass eine Erweiterung gewünscht oder der Preis noch nachverhandelt werden soll, erfolgt eine weitere E-Mail an den Adressaten. Soweit sich der Adressat auf die zweite E-Mail nicht einlässt, ist der Praxisinhaber an die erste E-Mail juristisch gebunden, der Vertrag ist bereits zustande gekommen.

    Beispiel 2: Auf dem Server einer Arztpraxis trifft eine E-Mail eines Vertragspartners verbunden mit einer Fragestellung ein, die bis zum nächsten Tag um 12:00 Uhr angenommen oder abgelehnt werden muss. Die E-Mail befindet sich auf dem Server der Praxis, eine Kenntnisnahme wurde zeitnah versäumt. Nach der Zugangsfiktion des BGH-Urteils gilt die für den Vertragspartner, gute, für die Praxisinhaber aber nicht so günstige Variante als Antwort. Deshalb ist unbedingt sicherzustellen, dass in der Praxis die E-Mails regelmäßig abgerufen und der Spamordner überprüft wird. Das Urteil bezieht sich indes zunächst nur auf den geschäftlichen Bereich. Im Privatbereich gelten möglicherweise andere Regelungen, hier bleibt die künftige Rechtsprechung abzuwarten.

    Das Urteil des BGH schafft insoweit Klarheit und beschleunigt die Kommunikation, birgt jedoch auch Risiken für Praxisinhaber. Diese müssen sich mehr denn je bewusst sein, dass eine E-Mail, sobald sie auf dem Mailserver des Empfängers angekommen ist, eine grundlegende rechtliche Bedeutung haben kann. Insoweit ist es wichtig zu prüfen, was per E-Mail kommuniziert wird, da diese rechtliche Verpflichtungen auslösen kann. Im Geschäftsverkehr gilt: Nach dem Absenden einer E-Mail gibt es kein zurück mehr.

    Was aber tun gegen eine Flut von Werbemails? In dem Klageverfahren vor dem Kammergericht Berlin ging es um den Streitgegenstandswert einer Klage gegen unverlangt zugesandte Werbemails. In dem Fall hatte ein Anwalt Klage in eigener Sache gegen mehrere Gesellschaften mit Sitz in Frankreich erhoben, die ihn künftig mit ihren Werbemails verschonen sollten. Zwei der Unternehmen ließen sogar noch nach der Abmahnung weitere E-Mails folgen. Der Anwalt verlangte vor dem Landgericht Berlin Ersatz für entstandene Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung. In der Sache konnte sich der Anwalt durchsetzen. Bei der Festsetzung des Streitwertes bezifferten die Richter den Streitwert einer einzigen unerbetenen Werbemail im Rahmen der Unterlassungsklage auf 3.000,00 € (das Kammergericht folgte dem § 48 Absatz 1 Satz 1 GKV in Verbindung mit § 3 ZPO). In erster Instanz hatte das Landgericht Berlin noch deutlich niedrigere Werte angesetzt (1/4 des Wertes), weil der Anwalt ab dem Eingang der Mail relativ viel Zeit verstreichen ließ. Dieser Argumentation folgte das Kammergericht nicht. Danach verliert der sogenannte „Angriffsfaktor“ bei unerwünschter Werbung im Verlauf der Zeit nicht an Bedeutung. Dieser Faktor ist für die Bemessung eines gerichtlichen Streitgegenstandswertes maßgebend. Insoweit dürfen Empfänger von unerwünschter Werbung auch lange nach dem Eingang einer Mail noch Schadenersatz geltend machen. Zudem ist zu beachten, dass das Kammergericht die streitigen Mails ebenso wie eine Nachfolgemail mit dem gleichen Streitgegenstandswert bezifferte. Damit wird die Hartnäckigkeit nach Auffassung des Gerichts besonders geahndet.

    Kontakt: Jörg Hohmann

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