
Urteil des SG Stuttgart vom 24.10.2024 – S 5 KA 2096/19
Die Abrechnung der Ziffer 01430 kann auch ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt von der konsultierten Praxis abgerechnet werden.
Mit dieser Entscheidung konnte sich ein MVZ gegen die Neufestsetzung von Honorarbescheiden gegen die KV Baden-Württemberg durchsetzen. Diese hatte im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung die Leistungen der Ziffer 01430 EBM (hier in der Variante des Ausstellens von Überweisungsscheinen ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt) mit der Begründung gestrichen, dass die Patienten dem in Anspruch genommenen Arzt nicht bekannt gewesen seien. Patienten hätten demnach gezielt nur für die Ausstellung einer dem Ermächtigungsumfang entsprechenden Überweisung an die ermächtigten Ärzte des in direkter Nachbarschaft befindlichen Krankenhauses das MVZ aufgesucht, der Arzt habe nur pro forma als Überweiser fungiert. Nach Auffassung der KV sei eine Weiterleitung der betreffenden Patienten nur dann möglich, wenn der Überweiser die Notwendigkeit diagnostischer oder therapeutischer Leistungen, die über die Möglichkeiten des Fachgebietes oder der Praxis hinausgingen, festgestellt habe. Dieses setze aber ein persönliches Kennen der Patienten voraus.
Das Gericht hob die Kürzung auf und gab der Klage statt. Die in Rede stehende EBM-Position der Ausstellung von Überweisungsscheinen ohne persönlichen APK setze nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut allein die Ausstellung von Überweisungsscheinen voraus. Weder aus der Norm des EBM noch aus anderen Vorschriften lasse sich das Erfordernis eines persönlichen APK ableiten. Bei der Auslegung des EBM sei stets der genaue Wortlaut der Vorschrift zu berücksichtigen. Bei dem EBM handele es sich um eine abschließende Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse beziehungsweise Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendungen zulasse. Raum für systematische Interpretationen oder entstehungsgeschichtliche Auslegungen gäbe es nur in absoluten Ausnahmefällen bei unklarer oder mehrdeutiger Regelung.
Deshalb dürfe auch kein über den Wortlaut des EBM hinausgehendes Erfordernis angenommen werden, um die Abrechnungsfähigkeit insoweit einzuschränken.
Nach Auffassung des Gerichts liegt also die Aufgabe der Klarstellung und Konkretisierung allein beim Normgeber des EBM. Die Bedeutung des EBM in seiner Funktion des vertraglichen Interessenausgleichs zwischen Ärzten und Krankenkassen wird dadurch gestärkt. Der EBM muss insoweit aber auch klar sein. Solange nicht evidente Unklarheiten bestehen, können sich Vertragsärzte deshalb auf den Wortlaut des EBM verlassen.
Kontakt: Jörg Hohmann