Zunehmend kommen Patienten in die chirurgische Praxis, die deutsch nicht oder nur bruchstückhaft sprechen. Fraglich ist, ob und wie hier eine Behandlung erfolgen muss, soll oder kann. In der Presse wurde der Fall eines Pädiaters diskutiert, der nur noch Patienten aufnehmen wollte, die deutsch sprechen oder einen Dolmetscher mitbringen.

    Ausgangslage
    Niedergelassene Ärzte und auch Klinikärzte haben zunehmend Schwierigkeiten, mit Patienten zu kommunizieren, sie über die Risiken und die Tragweite der notwendigen und gewünschten Behandlung oder Operation aufzuklären, wenn es bereits an grundlegenden Deutschkenntnissen fehlt. Ein Mindestmaß an Kommunikation ist bei Operationen und sonstigen Behandlungen zwingend erforderlich, denn anderenfalls drohen Missverständnisse mit ernsten Folgen für die Gesundheit. Hierzu bestimmt § 630e BGB (Aufklärungspflichten), dass die Aufklärung für den Patienten verständlich sein muss. Sie richtet sich sprachlich wie inhaltlich nach dem Empfängerhorizont des Patienten. Zum Teil handelt es sich bei den Behandlungen um Körperverletzungen im Sinne der §§ 223 ff. StGB (zum Beispiel bei Operationen). Ein solcher Eingriff kann allein durch eine Einwilligung der berechtigten Person gerechtfertigt werden. Die „Einwilligung“ setzt jedoch eine wirksame Aufklärung im Sinne des § 630d Absatz 2 BGB voraus. Die Anforderungen an die Übersetzung sind dabei umso höher, je schwerwiegender und risikoreicher der geplante Eingriff ist. Wenn eine Verständigung im Einzelfall jedoch nicht möglich ist, sollte die Behandlung im Zweifel nicht durchgeführt werden.

    Bei operativen Eingriffen in der Chirurgie sind die Anforderungen an die Aufklärung hoch, dieses belegt der stets umfangreicher werdende Aufklärungsbogen, der durch die Operateure in der Regel zugrunde gelegt wird. Dennoch muss das Aufklärungsgespräch mündlich erfolgen, so dass es umso wichtiger ist, dass die erteilten Informationen auch wirklich verstanden werden, damit der Patient eine informierte Entscheidung treffen kann. Blutungen und Wundinfektionen und mögliche Komplikationen sind in der Regel greifbar, die Unterschiedlichkeit verschiedener Methoden mit den unterschiedlichen Heilungschancen und Risiken sind für Patienten bei Vorliegen einer Sprachbarriere jedoch kaum aufnehmbar und können in der Regel auch nicht sachgerecht verarbeitet werden. Insoweit resultieren bei den Patienten Fragen und zum Teil große Unsicherheiten. Die Aufklärung ist dem entsprechend komplex. Dabei handelt es sich um originäre ärztliche Aufgaben, die auch nicht an nichtärztliches Personal delegiert werden dürfen, selbst wenn das Personal die Sprache des Patienten spricht. Möglich ist nur eine reine Funktion des Dolmetschers.

    Im niedergelassenen Bereich sind Ärzte nach § 95 Absatz 3 Satz 1 SGB V zur medizinischen Versorgung von Patienten verpflichtet, wenn die Ärzte als Vertragsärzte praktizieren. Abweisungsgründe ergeben sich im Wesentlichen aus § 13 BMV. Dazu gehört zum Beispiel ein fehlender Versicherungsnachweis oder inakzeptables Patientenverhalten. Bei Privatpatienten unterliegen Ärzte hingegen nicht der Behandlungspflicht. Private Arztpraxen haben bei der Ablehnung von Patienten größere Handlungsspielräume. Dem privatabrechnenden Arzt steht die Ablehnung einer Behandlung nach § 7 Absatz 2 Satz 2 Berufsordnung grundsätzlich frei. Eine ärztliche Behandlungspflicht besteht allenfalls dann, wenn ein Notfall vorliegt – also eine schnelle medizinische Versorgung wichtig ist und ohne diese Schäden drohen.

    Wird die Behandlung oder Operation durchgeführt, obwohl die Aufklärung wegen der Sprachbarriere nicht verstanden wurde, fehlt es an der rechtlich notwendigen Einwilligung, so dass der Operateur Haftungsrisiken eingeht. Ob zum Beispiel die Behandlung in einer Praxis generell von Deutschkenntnissen oder der Anwesenheit eines Dolmetschers abhängig gemacht werden soll, muss indes der Praxisinhaber selbst entscheiden.

    Fazit
    Sprachbarrieren verhindern gute medizinische Behandlungen und tragen erhebliches Haftungspotential in sich. Jeder Arzt oder jede Ärztin muss selbst entscheiden, ob eine Untersuchung, Behandlung oder Operation durchgeführt werden soll, obwohl die Verständigung schwierig ist. Bei zeitlich unkritischen Behandlungen sollte abgewartet werden, bis die Verständigung sichergestellt ist.

    Weitere Hinweise / Urteile:

    Ärzte müssen sich nicht verpflichten mit ausländischen Patienten per Sprachvermittler zu verständigen. Ärzte müssen aber eine sprachkundige Person hinzuziehen, wenn zu befürchten ist, dass der Patient die deutsche Sprache nicht genügend beherrscht oder deutsche Sprachkenntnisse nicht ohne weiteres angenommen werden können (KG Berlin vom 08.05.2008 – 20 U 202/06).

    Die Aufklärung hat in einer Sprache zu erfolgen, die der Patient versteht. Erforderlichenfalls ist dann eine sprachkundige Person oder ein Dolmetscher auf Kosten des Patienten hinzuzuziehen. Ärzte können auch sprachkundige Personen wie Begleitpersonen/Familienangehörige des Patienten oder auch sprachkundige Praxis- oder Krankenhausmitarbeiter auswählen und müssen die Gesamtumstände dann sorgsam dokumentieren (OLG Köln vom 09.12.2015 – 5 U 184/14).

    Gibt der fremdsprachige Patient während des Gesprächs nicht zu erkennen, dass er die Aufklärung nicht (vollständig) verstanden hat, darf der Arzt grundsätzlich von einer wirksamen Einwilligung in den Eingriff ausgehen. Anderenfalls hätte der Patient dem Arzt mitteilen müssen, dass er etwas nicht verstanden (OLG Karlsruhe vom 09.04.2024 – 7 U 121/13).

    Im Zweifel könnten Behandler vorsorglich nachfragen und sich vergewissern, dass die Aufklärung verstanden wurde. Wenn ein Patient aber den Eindruck erweckt, der deutschen Sprache hinreichend mächtig zu sein, kann er sich im Nachhinein nicht darauf berufen, etwas nicht verstanden zu haben (OLG München vom 24.01.2013 – 1 U 2819/12).

    Kontakt: Jörg Hohmann

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