
Urteile des BSG vom 26.03.2025 – B 6 KA 2/24 R und B 6 KA 3/24 R
Soweit eine Krankenkasse innerhalb der Zweijahresfrist einen Regressantrag zur Durchführung eines Prüfverfahrens stellt, hemmt dieses die zweijährige Ausschlussfrist von Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Verordnungen von Cannabisblüten ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse sind in voller Höhe (ohne Anwendung der Differenzkostenmethode) zu regressieren.
Mit dieser Entscheidung wurde die Klage eines Allgemeinarztes gegen die Prüfgremien Niedersachsen endgültig abgewiesen. Der Arzt verordnete im Quartal I/2020 Cannabisblüten, die der Patient bereits 2019 von einem anderen Vertragsarzt verordnet bekam. Eine Genehmigung der Krankenkasse lag zu keinem Zeitpunkt vor. In der Sache hatte die Prüfungsstelle einen Regress in Höhe von 6.920,61 € festgesetzt.
Bereits die Vorverfahren blieben erfolglos. Der Arzt machte geltend, die Regressfestsetzung sei erst nach einem Zeitraum von zwei Jahren und damit zu spät festgesetzt worden, zudem habe es zu Unrecht kein Widerspruchsverfahren gegeben und zudem hätte die Prüfungsstelle die Differenzkostenregelung bei dem Regress anwenden müssen. Dazu stellte der Senat klar, dass die Anfechtungsklage gegen den Bescheid nach § 106c Absatz 3 Satz 6 SGB V ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig war, da sich die Unzulässigkeit der ärztlichen Verordnung von Cannabisblüten ohne Genehmigung der Krankenkasse eindeutig aus dem Gesetz selbst ergebe. Die Genehmigung nach § 31 Absatz 6 Satz 2 SGB V hätte zwingend eingeholt werden müssen, diese lag jedoch zu keinem Zeitpunkt vor.
Der Nachforderungsbescheid sei auch rechtzeitig ergangen. Zwar lief die zweijährige Ausschlussfrist für Verordnungen in den Quartalen des Jahres 2020 am 31.12.2022 ab. Der Bescheid vom 14.03.2023 sei aber dennoch rechtzeitig, da die Frist aufgrund des Prüfantrags der Krankenkassen gehemmt gewesen ist. Die Rechtsprechung des Senats zur entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die Hemmung der Verjährung im BGB sei durch die Änderung des § 106 Absatz 3 Satz 3 letzter Halbsatz SGB V bestätigt worden. Diese bundesrechtliche Regelung konnte nicht durch die Rahmenvorgaben für die Wirtschaftlichkeitsprüfung (zwischen dem GKV-Spitzenverband und der KBV) ausgeschlossen werden.
Zudem habe die Prüfungsstelle auch zu Recht nicht die Differenzkostenmethode nach § 106b Absatz 2a Satz 1 SGB V angewandt, sondern den Betrag in voller Höhe regressiert. Die Verordnung von Cannabisblüten ohne vorherige Genehmigung der Krankenkassen sei nicht nur unwirtschaftlich im engeren Sinne, sondern unzulässig. Dieses habe der Senat bereits in seinen Entscheidungen vom 05.06.2024 – B 6 KA 5/23 R und B 6 KA 10/23 R entschieden, so dass die Differenzkostenberechnung bei unzulässigen Verordnungen nicht greife.
Kontakt: Jörg Hohmann