Urteil des LSG Berlin Brandenburg vom 19.02.2025 – L 7 KA 23/22

    Ein von einem Facharzt für Chirurgie besetzter Vertragsarztsitz kann mangels chirurgischer Qualifikation nicht von einem Facharzt für Orthopädie fortgeführt werden. Bei der Nachbesetzung eines Arztsitzes (Hier: in einem MVZ) kommt es auf das Profil des konkreten Vertragsarztsitzes an. Dass beide Facharztgruppen in einer gemeinsamen Bedarfsplanungsgruppe geführt werden, ändere daran im Nachbesetzungsverfahren nichts.

    Mit dieser Entscheidung konnte sich ein Chirurg gegen einen Orthopäden in einem Nachbesetzungsverfahren in Berlin durchsetzen. In dem gesperrten Gebiet wurde ein hälftiger Arztsitz der Arztgruppe Chirurgie / Orthopädie, der mit zwei Fachärzten für Chirurgie im Umfang von je 0,25 besetzt und dann vakant war, zur Nachbesetzung ausgeschrieben. Auf den Sitz hatte sich der Chirurg und zudem ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie beworben. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie wollte den Sitz als angestellten Sitz für seine Frau (Fachärztin für Orthopädie) fortführen. Der Zulassungsausschuss entsprach der Bewerbung des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie, weil sich dieser in Friedrichshain-Kreuzberg niedergelassen hätte und dieser Stadtteil deutlich schlechter versorgt war als die beabsichtige Niederlassung des Chirurgen in Tempelhof-Schöneberg.

    Nachdem Widerspruch und Klage erfolgslos blieben, konnte sich der Chirurg nunmehr vor dem LSG durchsetzen.

    Zur Begründung stellte der Senat klar, dass der abgebende Arzt, auf dessen Antrag der Sitz ausgeschrieben wurde, Chirurg gewesen sei. Zwar seien die Chirurgen Bedarfsplanungsrechtlich mit den Orthopäden in einer gemeinsamen Planungsgruppe. Dennoch müsse der Sitz eines Chirurgen auch mit einem Chirurgen nachbesetzt werden. Hintergrund sei, dass nicht nur das Verwertungsinteresse des Praxisabgebers, sondern auch Versorgungsgründe das Nachbesetzungsverfahren tragen müssen. Zwar gehörten Fachärzte für Chirurgie und Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie als auch Fachärzte für Orthopädie zu der Bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe der Chirurgen und Orthopäden nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie. Jedoch erfordere die Nachbesetzung eines umgewandelten angestellten Arztsitzes die Befähigung des anzustellenden Arztes, die bisherigen Patienten des abgebenden Vertragsarztes zu behandeln. Die Erforderlichkeit eines inhaltlichen Bezuges zu der Tätigkeit des Vorgängers folge aus den Begriffen „Nachfolger“ und „Fortführen“ sowie dem Umstand, dass § 103 Abs. 4 Satz. 4 SGB V den Willen zur Fortführung der konkret ausgeschriebenen Praxis als Nachfolger voraussetzt (BSG vom 02.07.2014 – B 6 KA 23/13 R). Es müsse also stets um die Fortführung der konkreten Praxis gehen. Insoweit bestehe ein maßgeblicher Unterschied zwischen einem Zulassungsverfahren in einem unterversorgten oder entsperrten Planungsbereich zu einem Nachbesetzungsverfahren in einem überversorgten / gesperrten Planungsbereich. Da Sinn und Zweck der Durchbrechung der ausnahmsweisen Zulassungssperren im Nachbesetzungsverfahren die Fortführung der bisherigen Praxis sei, müsse die Befähigung der Bewerber gerade auch im Hinblick auf die Fortführung der konkreten Praxis in die Beurteilung der Zulassungsgremien einbezogen werden. Nach der Rechtsprechung des BSG erfordere der Begriff „Fortführen“ die fachliche Qualifikation des Nachfolgers zur Weiterbehandlung der bisherigen Patienten der Praxis (BSG wie zuvor).
    Dies könne nicht abweichend beurteilt werden, da es andernfalls zu einem bloßen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Zulassungsverkauf kommen würde.

    Zwar erfordere die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes nicht zwingend eine Identität der Fachgebietszugehörigkeit, jedoch sei bei Fachgebietsverschiedenheit zu prüfen, ob eine inhaltliche Übereinstimmung zwischen der Tätigkeit des bisherigen und des neuen Stelleninhabers gegeben sei. Dementsprechend regele auch § 16 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie für die Praxisnachfolge, dass die Praxis auch für Ärzte ausgeschrieben werden könne, welche ganz oder teilweise in einem Fachgebiet tätig seien, welches mit dem alten Fachgebiet übereinstimme. Entscheidend sei, ob der übernehmende Vertragsarzt zumindest teilweise die ärztliche Versorgung des abgebenden Arztes fortführen bzw. entsprechend der Qualifikation die bisherigen Patienten in der Praxis behandelt könne. Durch die Zulassungsgremien sei zu prüfen, ob die Bewerber unter Berücksichtigung der ärztlichen Weiterbildungsordnung berechtigt seien, im Rahmen der Vertragsärztlichen Versorgung die entsprechenden Leistungen zu erbringen. Dies sei im vorliegenden Fall für die Orthopädin zu verneinen. Weder waren chirurgische Leistungen Inhalt ihrer Weiterbildung noch könne sie als Fachärztin für Orthopädie ambulante chirurgische Eingriffe abrechnen. Aus dem Grund sei es nicht möglich, die bisherigen Patienten des abgebenden Vertragsarztsitzes zu behandeln und in diesem Sinne die bisherige Praxis fortzuführen.

    Aus dem Umstand, dass der G-BA mit Beschluss vom 20.09.2018 unter Berücksichtigung der Änderung des Weiterbildungsrechts und des Urteils des BSG vom 28.09.2016 – B 6 KA 40/15 R die Fachärzte für Chirurgie, Fachärzte für Orthopädie und Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie in eine einheitliche Gruppe zusammengefasst habe, folge für die Beurteilung nichts anderes. Sinn und Zweck nach den tragenden Gründen des Beschlusses sei Erleichterung der Nachbesetzung chirurgischer Vertragsarztsitz durch Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie, die zwar Überschneidungen im chirurgischen Leistungsinhalt hätten, aber nicht den gleichen Bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppen angehörten. Aus der Zusammenführung der Bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe folge hingegen nicht, dass ein rein chirurgischer Arztsitz durch eine Fachärztin für Orthopädie nachbesetzt werden könne. Es fehle insoweit an einer fachlichen Schnittstelle, wie sie bei der Nachbesetzung von chirurgischen Arztsitzen durch Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie bestünden.

    Kontakt: Jörg Hohmann

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